„Korvin Reichs Zeichnungen zur Kreiszahl π sind ein wenig wie ein eigenes Universum…“
Die Herausforderung in der Darstellung der Ziffernfolge π liegt darin, dass sie in die Unendlichkeit reicht, aber keine ins Unendliche gehende Größe ist, sondern ein Phänomen, an das sich die Dezimalzahlen nur annähern können. Sie ist den menschlichen Sinnen nicht direkt fassbar.
In Korvin Reichs Serie großformatiger Zeichnungen werden sowohl die Zahlenfolge und der Kreis an sich, aber auch die Widerspiegelung des mathematischen Phänomens in anderen Bereichen (z.B. Riemann-Zeta-Funktion und Leibniz-Reihe) sowie die Beschäftigung mit der Darstellbarkeit des Unendlichen künstlerisch interpretiert.
Die Kreiszahl π ist als irrationale Zahl in der ins Unendlich gehenden Ziffernfolge nicht vorhersehbar, sie scheint keinem Muster zu folgen. Wie reagiert nun die menschliche Wahrnehmung darauf mit ihrem innewohnenden Drang, Muster auch im Ungeordneten erkennen zu wollen? Wie macht man das Unendliche sichtbar, wie das Unsichtbare? Gibt es eine Ordnung, die über unser Fassungsvermögen geht?
Eine weitere Ebene schafft die Hinterfragung des Wahrgenommenen: Der Betrachter wird insofern in die Irre geführt, dass die Zeichnungen oft wie Gedrucktes, wie Fotos, wie Computergrafik erscheinen. Doch nur auf den ersten allzu flüchtigen Blick. Eine zunehmend digitalisierte Welt gerät wieder in den Bereich der menschlichen Aneignung.
Die Neue Wernigeröder Zeitung schrieb: „Zeichnungen wie Musik, die tatsächlich zu klingen scheinen.“
Geht es immer um die Erforschung der geistigen Welt? Diese liegt der gegenständlichen zugrunde, befindet sich jedoch im Verborgenen und entzieht sich damit eigentlich der bildlichen Darstellung. Dieser unsichtbare Aspekt der Wirklichkeit soll sichtbar gemacht werden, wobei das Überraschende, das Forschen, das Staunen, das Unvorhergesehene und das Poetische eine entscheidende Rolle spielen.
Bereichert wird die Ausstellung der großformatigen Zeichnungen mit der Klanginstallation „π – Klang der Unendlichkeit?“ C. René Hirschfeld.
Die Komposition baut strukturell vollständig auf π auf. Verwendet wird hierbei sowohl π als Proportion in der Großform und der Binnenstruktur als auch die Folge der Ziffern in sich (bis zur Nachkommastelle 5.400), wobei die ganzzahlige 3 eine Sonderstellung einnimmt und musikalisch sozusagen den Grund bildet. Da π eine natürliche Konstante ist, benutzt die Komposition auch nicht unser künstliches gleichstufiges Stimmungs-system, sondern die natürliche Obertonreihe. Das Werk ist aber durchaus nicht als „akustische Rechenaufgabe“ konzipiert, sondern versucht die Frage nach dem Wesen von Transzendenz, ja Unendlichkeit musikalisch zu formulieren und möchte damit den Hörer zu einer eigenen, nicht-alltäglichen Wahrnehmung führen. In diesem Zusammenhang gibt es auch — in Form von bearbeiteten bzw. verfremdeten Zitaten — Verweise zu Komponisten der Vergangenheit, deren Werk diesem Thema in besonderer Weise nahe steht, sowie Zitate von Giordano Bruno und Nikolaus von Kues und das traditionelle indische Raga Shree.
C. R. Hirschfelds Arbeit an π – Klang der Unendlichkeit? wurde gefördert durch ein Arbeitsstipendium des Musikfonds des Bundes.
Dauer: 52’22“ (3.141,9 Sekunden)
Die Ausstellung wird von einem vielseitigen Veranstaltungsprogramm komplettiert. Korvin Reich wird im Rahmen des Schlossbergfestes am 14. Juni 2025 und der Museumsnacht am 22. August 2025 durch die Ausstellung führen. Alle weiterführenden Informationen folgen in Kürze.
Biografie Korvin Reich
Korvin Reich wurde 1970 in Verden/Niedersachsen geboren. Ab 1989 studierte er Germanistik und Anglistik an der Universität Hamburg, bevor er 1996 das Studium der Bildenden Kunst an der damaligen Hochschule der Künste Berlin (heute UdK) aufnahm. Seit 2018 lebt und arbeitet Korvin Reich in Wernigerode.
1998 erhielt er das Arbeitsstipendium für Berliner Autoren der Berliner Senatsverwaltung Berlin im Genre Lyrik.
2002 schloss er als Meisterschüler der Universität der Künste ab und wurde zum Meisterschüler par excellence der Karl-Hofer-Gesellschaft ernannt.
2011 war er Artist in residence im Künstlerhaus La Escosesa, Barcelona, verbunden mit einer Gruppenausstellung Exposició Síntesi in der FAD Exhibition Hall, Barcelona, außerdem wurden die entstandenen Arbeiten bei den Tallerts Oberts (Offene Ateliers) gezeigt.
2015 und 2019 war er einer der Preisträger im Lyrikwettbewerb der Bibliothek Deutschsprachiger Gedichte.
2021 erhielt er den 1. Preis beim Wettbewerb „Emergenz“ vom Förderverein für kulturelle Bildung in Eichenau e.V., außerdem 2021 sowie 2023 eine mehrmonatige Projektförderung von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt.
2024 wurde „PI“ in einer Zusammenarbeit aus Musik, Projektion und Tanz aufgeführt zur Komposition von C. René Hirschfeld, Artwork von Korvin Reich und der Choreografie von Miro Magloire und seinem New Chamber Ballett New York. Aufführungsorte waren das Kunstmuseum Magdeburg und der Kulturstall vom Schloss Britz Berlin.
Des Weiteren erhielt er 2024 ein dreimonatiges Arbeitsstipendium des Landes Sachsen-Anhalt im Kunstverein Röderhof e. V.
Neben zahlreichen Personal- und Gruppenausstellungen deutschlandweit und auch im Ausland, gab es Veröffentlichungen von Lyrik und Kurzprosa in Anthologien, 2021 erschien ein Sammelband mit sämtlichen Gedichten.
Biografie C. René Hirschfeld
Die Website des Hofmeister Musikverlags Leipzig führt Caspar René Hirschfeld als „einen der vielseitigsten und interessantesten Komponisten seiner Generation.“ Dabei entzieht sich seine Musik gängigen Kategorien wie Avantgarde oder Tradition, gilt als gleichermaßen zeitgemäß wie transzendent, strukturell komplex und sinnlich fassbar. Seit der erfolgreichen Uraufführung seiner Kammeroper Bianca bei den Salzburger Festspielen 1991 wurden seine Werke in Europa, Asien, Lateinamerika und den USA gespielt. Ebenfalls 1991 dirigierte der Komponist selbst bei den Dresdner Musikfestspielen die Uraufführung seines Klavierkonzerts, nachdem er bereits 1985 als Dirigent in einem Kammerabend der Staatskapelle Dresden debütiert hatte.
Im Jahr 2005 wurde sein Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Orchester Wandlungen V beim offiziellen Festakt zur Verleihung der Kaiser-Otto-Medaille an Bundespräsident a.D. Dr. Richard von Weizsäcker im Magdeburger Dom uraufgeführt. 2009 spielte Hirschfeld als Solist die deutsche Erstaufführung seines Violinkonzertes; die Uraufführung fand 2008 beim Daegu International Contemporary Music Festival (Süd Korea) statt. 2021/22 war er composer in residence am Gesellschaftshaus – Haus der Musik der Landeshauptstadt Magdeburg. 2023 finanzierte die Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt zwei Portraitkonzerte mit Werken für Orgel, Harfe und Flöte. Hirschfelds Kompositionen erhielten nationale und internationale Preise, so z.B. 1984 beim internationalen Carl-Maria von Weber – Wettbewerb der Dresdner Musikfestspiele, beim Eisler-Preis 1986, Mendelssohn-Stipendium 1988/89, Göttinger Kompositionspreis für Gitarre 2000), Arbeitsstipendium des Musikfonds 2022. Sein umfangreiches Oeuvre umfasst Musiktheater, Ballette, Sinfonik, Chor- und Vokalmusik, Kammermusik, Solowerke, elektronische Musik aber auch Tangos, Jazz-Zyklen und Chansons und ist beim Verlag Neue Musik Berlin, Hofmeister Verlag Leipzig und becoco verlag erschienen. 2022 unterzeichnete er einen General-Vertrag mit dem Verlag Neue Musik Berlin.
Geboren wurde C. René Hirschfeld 1965 in Wernigerode und erhielt ab 1970 an der dortigen Musikschule seinen ersten Violinunterricht. Im Alter von 9 Jahren begann er zu komponieren, 1982 – 87 studierte er an der Hochschule für Musik ”Carl-Maria von Weber” Dresden Komposition (bei Udo Zimmermann) und Violine sowie als Nebenfächer Klavier und Dirigieren. Gleichzeitig studierte Hirschfeld autodidaktisch Tanz und Tanztheorie, insbesondere das Werk Rudolf von Labans. Wichtige Mentoren in dieser Zeit waren Gret Palucca, Patricio Bunster, der Tänzer und Choreograph Thomas Hartmann und der Musikwissenschaftler Peter Zacher. Hirschfelds Diplomarbeit als Komponist lautete zu dem Thema „Vergleichende Bewegungsanalyse in Musik und Tanz, ausgehend von Rudolf v. Labans Eukinetik“. 1987-89 setzte er das Studiums als Meisterschüler fort. Weitere wichtige Mentoren in dieser Zeit waren Wilfried Krätzschmar und Paul-Heinz Dittrich. Die Beschäftigung mit dem Thema musikalisch-struktureller Bewegung intensivierte er in den folgenden Jahren sowohl in seinen Kompositionen als auch theoretisch und veröffentlichte 2017 sein innovatives Buch „Bewegung als strukturelles Gestaltungsmittel von Musik und anderen Künsten“, in welchem er strukturelle Bewegung in der Musik u.a. auf Basis der von Rudolf v. Laban formulierten, allgemein gültigen Bewegungsparameter und Elemente der Kunstlehre von Paul Klee analysiert und so einen völlig neuen Ansatz zur epochenübergreifenden musikalischen Analyse bietet. Bereits während seines Meisterschüler-Studiums war Hirschfeld Lehrbeauftragter an der Dresdner Musikhochschule (bis 1991), anschließend bis 1994 an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin. 1994 übersiedelte er für ein Jahr nach Schweden, ab 1995 lebte er als freiberuflicher Komponist in Berlin, bis er 2018 seinen Wohnsitz in seine Heimatstadt Wernigerode verlegte.
Hirschfeld ist Dozent der Komponistenklasse Sachsen Anhalt und künstlerischer Leiter des Ensemble Junge Musik Sachsen-Anhalt. Er ist außerdem Autor der 2bändigen, didaktisch neuartigen Violinschule „Meine Geigenwunderwelt“ (Heinrichshofen Verlag).